Der Hintergrund

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Herz und Psyche sind eng miteinander verbunden und beeinflussen sich gegenseitig – sind sie nicht im Einklang, kann es zu funktionellen Krankheiten, Störungen und Problemen mit ganz eigener Dynamik kommen. Viele Menschen verstecken jedoch ihre Beschwerden oder wissen sie selbst nicht einzuordnen. Sie sind verzweifelt und wissen nicht weiter.

Die Psychokardiologie nimmt bei der Behandlung von Herzkrankheiten und -beschwerden eine zentrale Rolle ein. Sie bietet Menschen mit kardiologischen Erkrankungen psychologische Hilfe, Beratung und Therapie, um Erlebtes zu verarbeiten und Situationen akzeptieren zu lernen. Sie kann die Lebensqualität der Betroffenen entscheidend verbessern.

Wir laden Sie ein

Die Fachklinik Bad Bentheim lädt sowohl Patientinnen und Patienten als auch alle Interessierten ein, in das Thema Herz und Psyche einzutauchen. Ab dem 24. Oktober zeigt die kostenfreie Ausstellung im Foyer der Fachklinik Bad Bentheim Werke, die Einblicke in die Gefühlswelt von Betroffenen geben.

Kunstwerke aus der Ausstellung

Anke Lohrer verbindet Medizin und Kunst. Ihre Bilder zeigen, was Herzpatienten erleben – körperlich und seelisch. Inspiriert von echten Geschichten aus der ­Fachklinik Bad Bentheim, macht Anke Lohrer sichtbar, was oft verborgen bleibt. Ihre Kunstwerke lassen uns in die Welt der Herzerkrankungen eintauchen und deren Einfluss auf Körper und Geist nachempfinden.

Die Patientenberichte

Die Basis für die entstandenen Bilder liefern Gespräche mit Betroffenen, die aufgrund unterschiedlicher Erkrankungen in der Fachklinik Bad Bentheim psychologische Hilfe in Anspruch genommen haben.

Die Gespräche wurden vom Team der Psychokardiologie rund um Dr. Jochen Muke, Chefarzt des Fachbereichs Kardiologie, und Kaija Troost, leitende Psychologin der Fachklinik, als anonymisierte Patientenberichte niedergeschrieben und sind auch zum Anhören als Audiodatei verfügbar – eingesprochen von Schauspielern der Freilichtbühne Bad Bentheim.

Frau S., 43 Jahre

Endlich eine Diagnose: Ich habe einen Herzfehler – doch dagegen kann man sicher etwas unternehmen. Ich kann das Kriegsbeil ausgraben und dagegen angehen … weiterleben. Der erste Schock war überwunden und ich konnte meinem Mann und meinen Kindern alles erzählen und ihnen die Angst nehmen. Dem „Fehler in mir" machte ich eine Kampfansage.

Doch das nächste Gespräch mit meiner behandelnden Ärztin sorgte dafür, dass ich das Kriegsbeil wieder begrub. Dem Feuer, das nach der ersten Gewissheit in mir gelodert hatte, wurde der Sauerstoff genommen. Ich konnte nicht mehr atmen. Es hieß: Mit diesem Herzfehler könne ich mich von meinem bisherigen Leben verabschieden. Ich müsse mich schonen, keine Belastungen, kein Stress. Auf keinen Fall die Kinder heben. Meine Lebenserwartung ist drastisch verkürzt. Ob ich wohl meine Enkelkinder kennenlernen werde – das war mein Gedanke dazu.

Ich führte dieses „verordnete" Leben, um meine Lebenserwartung zu verlängern. Ich zog mich zurück, fühlte mich krank und war es auch. Das Leben verlor seinen Glanz, die Zukunft war ein dunkles Loch. Jeder Tag war schwer und zog sich wie Kaugummi.

Dann kam ich in die Klinik … und plötzlich wurde alles anders. Die Ärztinnen und Ärzte sprachen ganz anders mit mir. Meine Erkrankung wurde mir auf eine neue Art und Weise erklärt und von einer neuen Seite beleuchtet. Ich bin gar nicht kaputt – kann das wirklich die Wahrheit sein? Ich traute mich gar nicht, daran zu glauben. Denn die Hoffnung hatte ich so tief in mir vergraben. Jeglicher Zugang dazu war versperrt.

Doch irgendwie drang das Gesagte und somit die Hoffnung doch zu mir durch. Ein Funke sprang über: Ich muss nicht aufgeben! Ich soll nicht aufgeben! Ich kann nicht aufgeben! Es gibt Hilfe, einen anderen Weg und neue Perspektiven. Nichts ist verloren. Was für ein schönes Gefühl!

Meine Kinder bekamen ihre „alte" Mutter zurück – zumindest, soweit es gesundheitlich möglich war. Ich wagte mich wieder ins Licht und traute mich, den Funken zu nutzen und das Hoffnungsfeuer zu entzünden. Vielleicht ist es ein etwas kleineres Feuer, nicht ganz so groß und heiß – doch es brennt wieder und zeigt mir den Weg, den ich nun gehen kann und werde.



Frau S., 33 Jahre

Ich hatte mir alles schon ausgemalt. Dieses Jahr steht endlich unser lang ersehntes Ziel an: Der Bau des Eigenheims. Ich und mein Mann haben lange darauf hingearbeitet. Doch dann kam alles anders als gedacht und unser Traum wurde erstmal auf Eis gelegt.

Neben meinem vollen Alltag ist es mir immer wichtig ausreichend Sport zu treiben. Der Sport gibt mir unglaublich viel. Ich ernähre mich einigermaßen gesund. Ich rauche nicht und trinke nur gelegentlich Alkohol. Stress? Klar ist Stress ein Thema, bei wem nicht? Das machte mir bisher jedoch nichts aus. Ich bin jung, habe kein Diabetes und keinen Bluthochdruck.

Das sind nur einige der Risikofaktoren für unser Herz, von denen ich in der Fachklinik Bad Bentheim erfahren habe. Wissen über mein Herz, meine Gesundheit, ist mir heute wichtiger denn je. Und dennoch stelle ich mir weiterhin die Frage: Warum ich? Daher habe ich in der Fachklinik nicht nur über Risikofaktoren, gesunde Ernährung und Sport mehr erfahren, sondern habe durch die Psychokardiologische Behandlung zusätzlich gelernt, mein Schicksal anzunehmen und mir wieder mehr zu vertrauen. Die Zeit in Bad Bentheim war hierfür nicht nur der Beginn meiner weiteren Reise, sondern hat mir gezeigt, wo die Reise hingeht.
Was ist mir also passiert? Ich habe in Bad Bentheim gelernt über die Geschehnisse zu sprechen, mich mit meiner Geschichte auseinander zu setzten und das war für mich enorm wichtig. Heute kann ich schon viel besser über meine Geschichte sprechen. Es war eigentlich ein Routine Eingriff für die Ärzt*innen. Für mich eher weniger. Ich wurde noch nie operiert. Mir wurde jedoch gesagt, eine Blinddarmoperation sei heutzutage kein großer Eingriff. Niemand konnte jedoch ahnen, dass einer jungen Frau wie mir, ohne weitere Risikofaktoren, dieses Schicksal ereilt.

Mir wurde gesagt, die Operation sei fast beendet gewesen und plötzlich fing ich an zu krampfen und die Ärtz*innen konnten keinen Puls mehr feststellen. Ich wurde unmittelbar reanimiert. Nach ca. 3 Minuten sei mein Puls wieder feststellbar gewesen. Ich habe keine Erinnerung, schließlich lag ich in Narkose. Ich habe jedoch auch heute noch den Eindruck, als wäre ich dabei gewesen. Meine Psychologin erklärte mir, dass ich mir aus den Erzählungen meine Erinnerungen bruchstückhaft zurechtgelegt hätte, natürlich unbewusst. In meinen Träumen kommen mir die Eindrücke immer wieder hoch. Ich träume seither häufig von dem Tod. Wenn ich aufwache, erschrecke ich mich, was sich mein Unterbewusstsein, wieder zurechtgelegt hat.

Am morgen dieses Tages, ging ich noch mit unserer Hündin spazieren. Da fingen die Schmerzen im Bauch an. Diese Erinnerungen verknüpfe ich heute mit diesem Tag. Tatsächlich ist der Spaziergang am Morgen das letzte, woran ich mich wirklich erinnern kann. Mir fiel es zu Beginn schwer wieder mit meiner geliebten Hündin spazieren zu gehen. Kleine Spaziergänge traue ich mir wieder zu, jedoch nicht die gleiche Runde wie an jenem Tag. Das ist aktuell noch zu viel für mich und würde mich in die Situation zurückversetzten.

Auch wenn noch ein weiter Weg der Verarbeitung vor mir liegt, habe ich viel in Bad Bentheim gelernt. Die psychokardiologische Behandlung während der Anschlussheilbehandlung war für mich enorm wichtig. Sie kam schnell und genau zum richtigen Zeitpunkt.

Und heute? Heute frage ich mich, was ist mir wirklich wichtig im Leben? Muss es das Eigenheim sein oder möchte ich erst die Welt sehen? Eines weiß ich auf jeden Fall: Ich freue mich auf alles was noch kommt.



Herr S., 62 Jahre

Ich würde mich als Frohnatur beschreiben. Ich bringe Menschen zum Lachen – immer im Zentrum der Party. Ich halte Reden vor Hunderten von Menschen und bin im Job ein Top-Performer. Zumindest war es bisher so.

Doch nach meinem Herzinfarkt hat sich etwas verändert. Nach außen war ich noch derselbe, wollte es auch sein. Das half, zumindest im Beisein anderer, diese Illusion von mir aufrecht erhalten zu können. Die Illusion meines vergangenen Ichs. Innerlich fühlte ich mich aber unendlich schwach. Mein bisher immer starker Körper hatte mich verraten. Beim Treppen steigen fehlte mir die Kraft. So kannte ich mich nicht. So mochte ich mich nicht. So wollte ich nicht sein.

Nach meinem Herzinfarkt wollte ich eigentlich nur noch in mein altes Ich zurück. Aber ich zweifelte daran, dass es das noch gab und dass ich wieder dieser authentische und selbstsichere Mann werden konnte. Ich hatte Angst, dass mich die anderen dabei ertappten, schwach zu sein. Wie lange konnte ich dieses Theater noch aufrechterhalten?

Ich habe es nicht für möglich gehalten: Doch während meines Klinikaufenthaltes konnte ich viele der verloren geglaubten Stärken zurückgewinnen. Es ist mir geglückt, meine Haltung zu mir selbst innerhalb weniger Wochen zu verändern. Der abgestumpfte, unsichere und zweifelnde Schatten konnte wieder zu dem Mann werden, dessen Eigenschaften ihn so sehr ausgemacht haben.

In den letzten Wochen konnte ich mich wieder einigen Arbeitsprojekten widmen, meine Enkelkinder auf den Arm nehmen und mit meiner Frau tanzen. Ich bin mir nicht mehr fremd, sehe den Weg und gehe ihn … zurück zu meinem wirklichen Ich.



Herr F., 50 Jahre

Ich hatte bereits zwei Herzinfarkte. Seitdem lebte ich in ständiger Angst. Alle Bereiche meines Lebens sind betroffen. Sie ist immer da – am Tag und vor allem auch in der Nacht. Ich kann nicht schlafen und nicht richtig atmen. Die Angst drückt auf meine Brust, wiegt schwer und ist kaum zu ertragen.

Nach dem ersten Infarkt war noch alles positiv. Ich sah ihn als Chance, mein Leben zu ändern und umzudrehen, um meine Gesundheit zu verbessern. Ich änderte das Essen und legte die Zigarette beiseite. Ich bewegte mich viel. Reduzierte den Stress, wo immer es ging. Ich habe einiges an Gewicht verloren und wurde von Woche zu Woche fitter und sportlicher. Ich fühlte mich körperlich und geistig so stark wie lange nicht mehr. Ich fühlte mich sicher, war in ärztlicher Behandlung, hatte gute Medikamente und meine Gesundheit wurde überwacht. Ein wahrer Höhenflug.

Umso tiefer war der nachfolgende Fall. Ich hatte einen zweiten Infarkt, der mir den sicheren Boden unter den Füßen wegzog. Ich war verzweifelt, zog mich komplett aus der Öffentlichkeit zurück und wollte wieder mit dem Rauchen beginnen. Es hatte ja doch keinen Sinn, sich gesund zu verhalten. Ich hatte alles verändert und so vieles bedacht. Das hätte mich doch schützen müssen.

Von meiner vorherigen Sicherheit, war nur noch ein Scherbenhaufen übrig. Ich hatte Todesangst und jegliche Kontrolle war verloren. Es herrschte tiefe Dunkelheit in mir. Es war laut und doch so leer und kalt.

In die Klinik kam ich als gebrochener Mann – komplett ohne Hoffnung auf eine gute Zukunft. Psychologie … ich bin doch nicht verrückt oder habe eine Schraube locker. Doch am Ende hat mir genau diese psychologische Behandlung geholfen, wieder auf die Füße zu kommen. Ich lernte hier, meiner Angst zu begegnen. Ich habe gelernt, das Monster an die Hand zu nehmen und den bisher versperrten Weg gemeinsam frei zu schaffen und weiterzugehen. Ich konnte Licht sehen, wo vorher nur Dunkelheit war. Ich bin froh und dankbar und werde weitergehen, weitermachen, weiterleben!



Frau P., 51 Jahre

Ich war schon immer emotional. Bei traurigen Filmen konnte ich Rotz und Wasser heulen. Die Schicksale anderer haben mich nie kalt gelassen. Freudige Momente fieberte ich mit und hatte schon beim Zuhören häufig Gänsehaut. Die Emotionen spürte ich tief in meinem Herzen – wo auch sonst? Ist doch das Herz das Zentrum der Emotion. Ich dachte lange, dass diese Fähigkeit meine große Stärke ist.

Doch in den letzten Jahren nahmen mich die negativen Emotionen zunehmend mit: Verluste, Krankheiten, Trauer wurden immer mehr zu einer unerträglichen Last. Ich konnte die Emotionen nicht mehr filtern. Sie bestimmten mein Leben und mein Befinden. Es kamen viele Verluste zusammen: Meine Eltern verstarben, ich verlor einen Bruder, ein Haustier, meine Freundin ihren Ehemann.

Es kam der Zeitpunkt, an dem mein Herz die vielen Gefühle nicht mehr fassen und ertragen konnte. Ich stand zwar aufrecht, doch mein Herz zerriss in tausend Stücke. Ich weinte, bekam keine Luft, konnte nicht darüber sprechen, drohte daran zu ersticken. Ich wurde mit dem Verdacht auf einen Herzinfarkt ins Krankenhaus eingeliefert. Die Diagnose lautete jedoch: Broken Heart Syndrom. Die Symbolik des gebrochenen Herzens traf mich zutiefst.

Ich bekam einen Platz in der Klink. In dieser Zeit konnte mein Herz anfangen zu heilen. Was lernte ich hier? Vor allem lernte ich zu verstehen, was passiert war und konnte den Geschehnissen einen Platz zuordnen. Der Umgang mit meinen Emotionen war ein großes Thema. Aktuelle Ereignisse fanden genauso ihren Platz in den Gesprächen wie biografische Ereignisse.

Ich verstand, bestimmte Verhaltens- und Denkmuster zu erkennen und diese zukünftig positiv zu beeinflussen. Ich kann nun besser mit der Intensität meiner Gefühle umgehen und mein Herz schützen.



Frau R., 37 Jahre

Das Leben ist kein Zuckerschlecken – das habe ich am eigenen Leib erfahren. Schon die ersten Erinnerungen sind nicht schön. Meine Mutter war krank und konnte sich nicht kümmern. Mein Vater ist auch heute nur ein dunkler Schatten. Ich wuchs in Heimen und Pflegefamilien auf und erlebte viele schlimme Dinge. Schule und Ausbildung habe ich nicht ernst genommen. Um vergessen zu können, habe ich zu unterschiedlichen Mitteln und Maßnahmen gegriffen. Mein Lebensstil war nicht gesund.

Die Folgen: Im Alter von 36 Jahren erlitt ich bereits einen Herzinfarkt. Mein Herz ist unter der Last der schlimmen Erlebnisse aus meiner Kindheit und Jugend einfach zusammengebrochen. Die Tatsache, dass mich mein Körper im Stich gelassen hat und krank ist, schockierte mich zutiefst.

Doch das Gute daran: Ich habe bereits im Krankenhaus angefangen, über mein Leben nachzudenken. Während des Aufenthaltes in der Rehaklink in Bad Bentheim bekam ich weiter die Gelegenheit zum Umdenken. Vorträge, Seminare und ausführliche Gespräche mit den Ärztinnen sowie die psychologische Betreuung haben mir sehr geholfen. Ich wurde an die Hand genommen, konnte mich wirklich auf die Gespräche einlassen und mich meinen Dämonen stellen. Ich habe die Klinik mit Mut und Zuversicht verlassen.

Im Anschluss an die Reha begann ich mit einer Psychotherapie, um mein Leben zu verändern – im Sinne meines Herzens und meiner Zukunft.



Herr P., 44 Jahre

Ich bin jung. 44 Jahre. Ich rauche nicht und stehe mitten im Leben. Ich habe einen Job, den ich liebe. Zwar könnte ich etwas sportlicher sein, aber ich bewege mich nicht nur vom Autositz ins Büro und dann zum Sofa.

Der Herzinfarkt traf mich völlig unerwartet. Ich habe nicht damit gerechnet, dass mir so etwas passieren könnte. Dieser Schlag hat mich als Person erschüttert. Mein Leben wurde abrupt aus der Bahn geworfen.

Nach dem Krankenhausaufenthalt kam ich bei meinen Eltern unter und fand zunächst einen geschützten Raum. Ich konnte Verantwortung abgeben und mich in meine Verzweiflung fallen lassen.

Doch dann kamen die Ängste. Sie wurden immer schlimmer. Albträume suchten mich mehrmals in der Nacht heim. Ich bekam Panikattacken, hörte mein Herz schlagen – doch es klang immer falscher. Die Angst steigerte sich ins Unerträgliche. Ich wollte fliehen, konnte jedoch vor mir selbst nicht weglaufen. Der sichere Hafen war nicht mehr sicher.

Leider musste ich einige Wochen auf meinen Platz in der Fachklinik warten. Ich verzweifelte immer mehr und beschloss, sicherheitshalber in ein Hotelzimmer neben dem Krankenhaus zu ziehen. Ich ließ mich mehrmals in die Notaufnahme einliefern – aber es war nur die Panik. Zu einem normalen Leben war ich nicht mehr fähig, bewegte mich nur im Beisein meiner Mutter. An Arbeiten war nicht zu denken. Alle Untersuchungswerte waren in Ordnung. Doch das wollte ich nicht wahrhaben. Denn es würde bestimmt bald wieder passieren und dieses Mal wäre es sicher endgültig.

In diesem labilen Zustand kam ich in die Fachklinik Bad Bentheim. Ich erhielt Antworten auf alle Fragen zu meinen körperlichen Symptomen nach dem Infarkt und meinem Gesundheitszustand. Mir wurde Sicherheit vermittelt, die ich dringend brauchte. Das Sportprogramm ließ mich wieder Vertrauen in mein Herz und meinen Körper fassen.

Das Wichtigste aber war, dass ich psychologisch aufgefangen wurde. Schon kleine Erfolge wurden gefeiert. Erst fünf, dann zehn, dann dreißig Minuten und schlussendlich Fahrradtouren bis zu einer Stunde – ohne Begleitung und ohne Panik. Ein kleiner Einkauf im Laden in der Stadt war ein Riesenerfolg. Ich konnte mich auch der Angst stellen, wieder allein Auto zu fahren. Außerdem habe ich nach meinem fünfwöchigen Aufenthalt in der Fachklinik meinen Arbeitgeber kontaktiert und nach neuen Projekten und einer Wiedereingliederung gefragt.

Was für Meilensteine in ein normales Leben, dem ich mich nun wieder zuwenden kann. Dafür bin ich sehr dankbar.



Herr W., 50 Jahre

Eine Posttraumatische Belastungsstörung, kurz PTBS, kennt man von Soldaten, die von Einsätzen zurückkehren. Man kennt sie aber nicht von Menschen, die aus dem Krankenhaus entlassen werden. Doch genau das ist mir widerfahren – ich wusste es nur lange Zeit nicht.

Es sollte nur ein kleiner Eingriff sein: harmlose Routine, innerhalb von drei Wochen wieder auf den Beinen und zurück im Job. Doch daraus wurden Monate. Die Operation verlief nicht gut. Es wurden Fehler gemacht, für die niemand sich verantwortlich fühlte. Ich erlebte ein postoperatives Delir, war verwirrt und aggressiv aufgrund von Beatmung und Medikamenten, wurde ans Bett fixiert. Ich erlebte Todesangst, bin beinahe gestorben, meine Menschlichkeit wurde missachtet – das alles in absoluter Einsamkeit durch die Isolationsbestimmungen während der Corona-Pandemie.

Die Bilder im Kopf ließen mich nicht mehr los. Nicht nur nachts in meinen Träumen, sondern auch am Tag verfolgten sie mich: Ich lag allein, getrennt von meinen Liebsten. Ich versuchte mir Gehör zu verschaffen, doch niemand beachtete mich, hörte mir zu oder sah mein Leid. Der Krankenhausaufenthalt war für mich ein Albtraum.

Ab dem Zeitpunkt der Fixierung war ich nur noch der „lästige" Patient, der Arbeit verursacht hat und sich nicht behandeln lassen wollte. Danach allein gelassen, immer mehr gefangen im Strudel der eigenen Gedanken. Vereinsamt mit Gesichtern um mich herum, die höhnisch lachten und spotteten. Ging ich durch die Straßen, erinnerten mich Menschen an den Pfleger, der mich nicht losbinden wollte. Immer wieder lag ich in Gedanken fixiert in diesem Bett. Ich war wieder gefangen, wollte weglaufen und musste doch aushalten – bis sich die Angst ins Unermessliche steigerte, ich einfach umfiel … unfähig, etwas dagegen zu tun.

Ich kam in die Klinik: hilflos, verzweifelt, verraten. Der Druck in mir, etwas verändern zu müssen, war immens. Ruhe kannte ich nicht mehr. Ich habe mich geschämt, wollte stark sein für meine Familie. Doch die Bilder haben mich gebrochen, langsam, aber sicher. Die Fürsorge und Sorge meines Umfelds belasteten mich enorm.

Die Zeit in der Klinik weckte in mir neues Vertrauen. Mir wurde genau erklärt, warum mich diese Bilder immer wieder heimsuchen. Ich lernte mein Krankheitsbild zu benennen und einen guten Umgang damit zu finden. Der Weg ist noch nicht zu Ende und es liegt noch viel Arbeit und Therapie vor mir. Doch ich bin zuversichtlicher, die Ruhe ist wieder in greifbare Nähe gerückt. Und ich werde mich den weiteren Herausforderungen gestärkt stellen können.



Hinter den Kulissen

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Viele Menschen haben sich im Rahmen der Ausstellung eingebracht und Gedanken zum Thema Herz und Psyche gemacht. Unter anderem wurden die Patientenberichte anonymisiert und professionell niedergeschrieben und auch als Audiodatei eingesprochen. Auszubildende der Fachklinik haben ein Making-of zum Einsprechen mit Künstlerinnen und Künstlern der Freilichtbühne Bad Bentheim erstellt. Sehen Sie selbst.

Über die Künstlerin

Anke Lohrer studierte an der ­Kunstakademie ­Düsseldorf Freie Kunst und ­erweiterte ihre Ausbildung an der École nationale supérieure des beaux-arts in Paris, der École supérieure d´Art de Grenoble und der Folkwang Hochschule der Künste Essen. Ihr künstlerisches Schaffen umfasst Rauminstallationen, Zeichnungen, Malerei, Grafik, Teppiche, Tapeten und Künstlerbücher.

Das Rahmenprogramm

Eröffnung der Ausstellung

24. OktoBer 2024, 18.00 Uhr

  • Eröffnung durch Dr. Jochen Muke, Chefarzt des Fachbereichs Kardiologie, Fachklinik Bad Bentheim
  • Vortrag zum Thema Psychokardiologie von Prof. Dr. Alexander Pott, Chefarzt der Klinik für Kardiologie, Bonifatius Hospital Lingen und Beiratsmitglied der deutschen Herzstiftung
  • Einführung in die Ausstellung durch die Künstlerin Anke Lohrer und Prof. Dr. Alexander Pott
  • Schauspieler der Freilichtbühne Bad Bentheim tragen ihre Texte vor
  • Musikalische Begleitung am Klavier

 

Vorträge mit anschließender Option zum Besuch der Ausstellung

7. November 2024, 18 Uhr
Vortrag: Herzschwäche und Auswirkungen auf die Psyche
Eintritt frei, ohne Anmeldung

28. November 2024, 18 Uhr
Vortrag: Herz und Psyche
Eintritt frei, ohne Anmeldung

11. Dezember 2024, 18 Uhr
Vortrag:Herz und Psyche
Eintritt frei, ohne Anmeldung

Ausführliche Informationen zum Rahmenprogramm finden Sie fortlaufend auf dieser Seite.

Über die Fachklinik Bad Bentheim

© Nikolai Wolff

Die Fachklinik Bad Bentheim bietet neben der Dermatologie, Rheumatologie und Ortopädie Menschen mit kardiologischen Erkrankungen psychologische Hilfe, Beratung und Therapie, um Erlebtes zu verarbeiten und die Situationen akzeptieren zu können.

Wir behandeln nach einem ganzheitlichen Therapieansatz auf dem Konzept der Salutogenese. Wir sehen die Menschen mit ihren körperlichen Beschwerden, berücksichtigen aber immer auch alle sozialmedizinischen Aspekte. Eine umfangreiche Wissensvermittlung hilft unseren Patientinnen und Patienten, nachhaltig besser für sich selbst sorgen zu können.


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